„Es geht um mehr als nur den aktuellen Basis-Bedarf“

Tanners Interview mit Cathleen Hanske vom Heizhaus – Beitrag der Leipziger Internet Zeitung vom 02.10.2014:

In Grünau leben – entgegen kurzsichtigen und vorurteils-beladenen Meinungsäußerungen stumpfer Dumpfer – junge, aktive und beeindruckende Menschen. Eine davon ist Cathleen Hanske – und sie versucht sogar strategisch noch weit mehr als nur zu leben. Sie organisiert die Sponsoringaktivitäten rund ums Heizhaus, welche schlussendlich eine feste pädagogische Fachkraft finanzieren sollen. Ein großes Ziel, welches sie sich gesteckt hat. Ein großes Ziel, an dem Menschen mittun können. Volly Tanner fragte an ihr herum.

Hallo Cathleen, das ist toll, Dich hier zu treffen – da können wir die Möglichkeiten gleich nutzen und uns unterhalten, schließlich schiebst Du gerade ein wirklich beeindruckendes Projekt an. Du organisierst die Spendenaktion für eine pädagogische Fachkraft-Stelle im Heizhaus in Grünau. Für die Menschen, die das Haus nicht kennen – was ist das Heizhaus und was macht Ihr da?

Hallo Volly, also das Heizhaus ist ein Jugendkulturzentrum, welches hauptsächlich als Skatehalle für alle mögliche Rollsportarten (Skateboard, BMX, Scooter) genutzt wird. Jedoch haben wir in den fünf Jahren unseres Bestehens die Angebote ausgeweitet. Es gibt zwei Tanzräume, in welchen die Kids u.a. Breakdance und HipHop-Kurse machen können, außerdem bieten wir sehr erfolgreich seit einem Jahr das Senioren-Tanzkaffee an, da wir auch für die älteren Generationen etwas finden wollten. Eigentlich ist für alle etwas dabei, neben Graffiti-Präventionskursen oder Schulkursen die bei und mit uns durchgeführt werden. Im Fokus liegt aber die pädagogische Betreuung der Kinder und Jugendlichen, da diese natürlich mit ihren alltäglichen Problemen zu uns kommen.

Ihr habt keine einzige festangestellte Fachkraft im Haus, hörte ich – stimmt das? Und darauffolgend als Frage: Jetzt wollt Ihr aber eine pädagogische Stelle fest besetzen. Was zwingt Euch dazu?

Unser Team besteht komplett aus Ehrenamtlichen, Honorarkräften und zwei Festangestellten. Jedoch können wir uns die Anstellung einer pädagogischen Fachkraft nicht leisten und momentan bekommen wir es leider nicht kommunal finanziert. So gut unsere Ehrenamtlichen auch arbeiten, bei vielen Auseinandersetzungen zwischen Kindern oder den sozialen und häufig auch psychischen Problemen der Kids kommen sie einfach an ihre Grenzen. Viele Jugendliche unterstützen wir bei der Ausbildungssuche, Bewerbung schreiben, einen Praktikumsplatz finden. Wir möchten unsere Kids in dem Punkt einfach noch mehr unterstützen, damit sie auch weiterhin das Gefühl haben, bei Problemen zu uns kommen zu können.

Von wie viel Geld reden wir eigentlich?

Wir haben uns als Spendenziel die Gesamtkosten eines Einstiegsgehalts einer pädagogischen Fachkraft für ein Jahr rausgesucht. Das sind momentan 38.705 Euro. Wir hoffen, dass nach diesem Jahr mindestens eine Stelle kommunal finanziert werden könnte.

Aber ist denn die Bezahlung solch einer Stelle nicht eigentlich eine Pflichtaufgabe des Staates? Es geht schließlich um Jugendliche, um Teilhabe und Bildung?

Wir stehen in guten Beziehungen zu der Stadt und den Ämtern und der Wille zur Förderung ist da. Als relativ neue Jugendkultureinrichtung ist es jedoch schwer, an die Fördertöpfe zu kommen, da die Gelder unter den verschiedenen Trägern schon verteilt sind und eine Umverteilung der Gelder momentan wohl nicht möglich ist. So kommt es eben dazu, dass wir als eine der größten Jugendkultureinrichtungen in Leipzig keine finanzierte pädagogische Fachkraft haben.

Du selber hast ja gerade Dein Diplom in der Psychologie eingesackt. Willst Du Dich jetzt auch beruflich ins Heizhaus einbringen – oder wohin geht die Reise der hauptberuflichen Psychologin Cathleen Hanske?

Im Moment arbeite ich gerne ehrenamtlich im Heizhaus, da mir das Projekt sehr gut gefällt. Meine Weiterbildung zur Psychychotherapeutin dauert noch vier Jahre, deswegen schaue ich erst einmal, was die Jahre so mit sich bringen und ob wir in vier Jahren überhaupt noch eine weitere Festanstellung finanziert bekommen könnten. Wenn das möglich ist, könnte ich mir das gut vorstellen. Hier weiß man, wofür man das Ganze macht.

Wie läuft denn die Spendenaktion eigentlich an?

Die Spendenaktion läuft seit zwei Wochen und durch die Verbreitung auf Facebook sind viele kleine Beträge zu ca. 600 Euro zusammengekommen. Im Moment stocken die Spenden etwas, aber wir haben auch gerade erst angefangen, unser Anliegen zu verbreiten. Wir hoffen, das wir das Geld in einem halben Jahr zusammen kriegen könnten, aber 38.000 Euro sind natürlich auch eine Menge Geld.

Jugendkulturzentren sind ja auch fürs gesellschaftliche Miteinander äußerst wichtig. Der Bedarf wird ja eher noch steigen. Ist dies in Zukunft finanziell überhaupt noch händelbar? Welche Weichen sollten umgestellt werden? Wie wird die Jugendkultur in zehn Jahren pekuniär aufgestellt sein, was denkst Du?

Wir im Heizhaus merken, dass die Angebote immer mehr genutzt werden und der Bedarf, auch an generationsübergreifenden Angeboten, weiter steigt. Ich denke, die finanziellen Mittel reichen nur für eine Finanzierung des aktuellen Basis-Bedarfs aus. Darüber hinaus wird jedoch vieles durch´s Ehrenamt gestemmt. Um einen weiter steigenden Bedarf auffangen zu können, ist es notwendig, gesellschaftliches Engagement umfangreicher zu unterstützen und die regionale Wirtschaft intensiver mit einzubinden. Dennoch habe ich in Leipzig das Gefühl, dass Jugendkultur ein immer präsenteres Thema wird. Ich denke, das Engagement im Heizhaus hat in den letzten fünf Jahren viel dazu beigetragen. Deswegen sehe ich die Entwicklungen generell eher positiv, vorausgesetzt Initiativen im gesellschaftlichen Bereich werden von der Stadt in Zukunft umfassender durch gute Rahmenbedingungen unterstützt.

Danke für Deine Antworten.

Gerne, danke für Dein Interesse!

Interview: Volly Tanner

Quelle: Leipziger Internet Zeitung vom 02.10.2014


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