„Liegenschaftsamt ändert Strategie – Verkäufe sollen sozialen Zwecken dienen“

Mietshäuser werden vorerst nicht mehr feilgeboten / LWB kann 900 Wohnungen am Stadtrand übernehmen – LVZ vom 01.07.2015:


Da immer mehr Menschen nach Leipzig ziehen, will die Stadt Grundstücksverkäufe nun nicht mehr nur von einem möglichst hohen Preis abhängig machen. Foto: André Kempner


Die Zeiten, in denen die Stadt Leipzig durch Grundstücksverkäufe vor allem die klamme Rathauskasse auffüllen wollte, sind offenbar endgültig vorbei. Das Dezernat von Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) hat soeben eine Vorlage zur Änderung der Liegenschaftspolitik veröffentlicht, die der Ratsversammlung schon nächste Woche zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Das Papier setzt deutlich neue Akzente – auch wenn Dezernatssprecher Robert Staacke versichert, es handle sich an vielen Stellen nur um „eine Präzisierung der ohnehin schon betriebenen Politik.“
Dennoch: Neu ist zum Beispiel, dass die Stadt vorerst keine mehrgeschossigen Wohnhäuser oder für solche Zwecke gedachten Baugrundstücke mehr zum Verkauf ausschreibt. Dies soll erst wieder geändert werden, wenn die Verwaltung ein praktikables Modell für sogenannte Konzeptvergaben fertiggestellt hat. Bis dahin können lediglich bereits jetzt weit vorangeschrittene Verkaufsverhandlungen noch abgeschlossen werden. Zur Erklärung: Bei einer Konzeptvergabe erhält nicht mehr automatisch der Interessent den Zuschlag, der den höchsten Preis bietet. Vielmehr wäre entscheidend, welcher Bieter auf der Fläche am ehesten jene Ziele verwirklichen kann, die die Kommune vorgibt.
Während die Konzeptvergaben auf eine Initiative der Linken zurückgehen, hat sich die Verwaltung bei den Verkaufszielen stark an einem Antrag der Grünen orientiert, so Staacke. „Alle vier Kernziele aus dem Antrag der Grünen haben wir übernommen und noch ein Fünftes selbst hinzugefügt.“ Demnach hätten künftig Projekte Vorrang, die neuen Arbeitsplätzen, dem Wohnungsbau, der „Förderung gemeinschaftlichen, familiengerechten und generationsübergreifendem Wohnens“, dem Klimaschutz oder als Fünftes der „Förderung von Eigentumsbildung“ dienen.
Gemäß einer Initiative vor allem der SPD will das Wirtschaftsdezernat bis Anfang 2016 ein Verfahren für die kommunalen Unternehmen vorschlagen. Genau wie es im Rathaus schon länger praktiziert werde, dürften die Tochterfirmen dann Flächen ebenfalls nur noch verkaufen, wenn vorher geprüft wurde, ob sie für öffentliche Zwecke wie neue Schulen oder Straßen benötigt werden. Bis zum gleichen Termin werde außerdem geklärt, welche Häuser die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) zusätzlich übernimmt. Dabei geht es um insgesamt 700 kommunale Wohnungen in eingemeindeten Ortsteilen wie Liebertwolkwitz oder Böhlitz-Ehrenberg, die das Liegenschaftsamt unlängst noch zum Großteil veräußern wollte. Ähnlich ist die Problematik bei weiteren 200 Wohnungen der Saatgut Plaußig GmbH. Die stadteigene LWB habe schon ihr „prinzipielles Einverständnis“ erklärt, heißt es in der Vorlage. Vorab werde aber noch die Wirtschaftlichkeit jedes Einzelfalls geprüft.
Neu ist schließlich, dass die Stadträte im Grundstücksverkehrsausschuss künftig über alle Kauf- und Verkaufspläne informiert werden. Bisher war das erst bei Beträgen ab 250.000 Euro Vorschrift.
Wie berichtet, steuert die Kommune inzwischen massiv bei allen Flächen um, die sie für neue Kitas, Schulen, Flüchtlingsunterkünfte oder Turnhallen benötigt. So soll in Kürze für etwa 300.000 Euro ein Schulbau-Grundstück auf dem Areal am Bayerischen Bahnhof von einem Privateigentümer erworben werden. Für eine Fläche nahe der Berliner Straße, wo später ein Gymnasium geplant ist, hat das Baudezernat soeben ein Vorkaufsrecht für die Stadt gesichert.

Jens Rometsch

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 01.07.2015