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Stolpersteinpflege

Schüler des Grünauer Max-Klinger-Gymnasiums erinnern an Opfern des Holocaust und der Nationalsozialisten

Der 9. November ist Schicksalstag der deutschen Geschichte. Besonders der Mauerfall vor 30 Jahren wird zurzeit gefeiert. Aber auch die schrecklichen Ereignisse der Pogromnacht von 1938 fanden an diesem Datum statt. Deswegen wurde auch in diesem Jahr zu der Gedenkaktion „Mahnwache und Stolpersteine Putzen“ aufgerufen auf Grund des Sabbat, am Freitag, dem 8. November 2019.

An vielen Stellen in Leipzig befinden sich Stolpersteine vor den ehemaligen Häusern von Opfern des Holocaust und der Nationalsozialisten. Diese Gedenkaktion soll Passanten auf den Gehwegen „zum Stolpern bringen“, um der Menschen zu gedenken, die dem furchtbaren Verbrechen zum Opfer fielen. Aber mit der Zeit werden die Steine schmutziger und der Glanz der Steine verschwindet. Aus diesem Grund werden immer am 9. November die Stolpersteine geputzt, Kerzen und Blumen dazu gelegt und eine Mahnwache abgehalten.

Am Freitag, dem 8. November2019, waren einige Schüler des Grundkurs 11 Geschichte für die Stolpersteine der Max-Klinger-Schule verantwortlich. Das Grünauer Gymnasium hatte im Jahr 2014 mehrere Stolpersteine verlegen lassen, u.a. für die ehemaligen Schülerinnen Rosa Szyjas und Berta Rosenfeld.

Rosa Szyjas war eine Schülerin der Max-Klinger-Schule mit polnischer Staatsbürgerschaft. Sie wurde 1920 in Leipzig geboren und wohnte mit ihrer Familie in einem Haus in der Schnorrstraße 20. Von 1930 bis 1934 besuchte sie die Max-Klinger-Schule in der Karl-Heine-Straße. Während der sogenannten „Polenaktion“ am 28. Oktober 1938 wurden polnische Staatsbürger von den Nationalsozialisten nach Polen abgeschoben. Da sich die polnischen Behörden weigerten, die Abgeschobenen aufzunehmen, mussten viele jüdische Bürger bis zum Einlenken der polnischen Regierung im Niemandsland campieren. Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde für diese ein Ghetto eingerichtet. 1943 starb Rosa Szyjas Mutter, während sich die Bedingungen im Ghetto immer mehr verschlimmerten. 1944 wurde die Entscheidung getroffen, das Ghetto in Litzmannstadt vollständig zu räumen und so rollten die Züge vom 09. bis zum 29. August in die Vernichtungslager. In einem dieser Züge, vermutlich am 25. August 1944, wurde Rosa Szyja ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Über ihr weiteres Schicksal ist nichts weiter bekannt, außer dass sie mit 2024 anderen Häftlingen ins Konzentrationslager Stutthof überführt wurde. Dort kam sie wahrscheinlich ums Leben.

Bis auf ihren Bruder Robert Szyja kam ihre gesamte Familie in Konzentrationslagern ums Leben.

Berta Rosenfeld lebte mit ihrer Familie in der Karl-Heine-Straße 47, ganz in der Nähe der Max-Klinger-Schule. Auch sie war von 1931-1932 Schülerin dort. Im Rahmen der „Polenaktion“ wurde die gesamte Familie mit den letzten vier Zügen von Leipzig nach Bytom (Beuthen) deportiert. Bis 1942 lebte die Familie in Tarnow, von wo aus sie anschließend in das KZ Bełzec im Osten Polens gebracht wurden. Dort wurde auch Berta mit ihren Angehörigen ermordet. Wie durch ein Wunder konnte ihr Bruder Josef den Holocaust überleben.

Das sind zwei sehr berührende Schicksale, die einem die Schrecken der Zeit des Nationalsozialismus vor Augen führen.

Die Schüler der Max-Klinger-Schule reinigten die Stolpersteine, legten jeweils eine Rose dazu und stellten eine Kerze auf. Sie informierten über die Biografien und trugen Gedichte von KZ-Häftlingen vor, erinnerten und gedachten der grausamen Geschichten dieser Zeit. In der Hoffnung, dass die Stolpersteine nicht mehr einfach übertreten werden, sondern dass diejenigen, die an den Steinen vorbeilaufen, sie bemerken und sich erinnern können, dass so etwas nie wieder passieren soll…

Quelle: Oliver Richter & Felix Kögel, Klasse 11 Max-Klinger-Schule