Caritasverband will mit Rekordsumme noch mehr Bedürftigen ein neues Zuhause bieten
„Die Anteilnahme ist überwältigend, wir möchten den LVZ-Lesern herzlich danken“, freut sich Tobias Strieder, Geschäftsführer der Caritas in Leipzig. Rund 55.000 Euro haben 1077 Leipziger in den vergangenen Wochen für die Wohnungsnotfallhilfe des Caritasverbandes im Rahmen der LVZ-Aktion „Ein Licht im Advent“ gespendet. Die Rekordsumme mache deutlich, dass die Hilfsbereitschaft groß ist, die soziale Kälte vielleicht nicht so stark verbreitet, wie es manchmal scheint, sagte Klaus Staeubert, stellvertretender Leiter der Lokalredaktion Leipzig, bei der Spendenübergabe. Das Thema Wohnungsnot beschäftige viele Menschen. Wie schnell man soziale Sicherheiten verlieren kann, werde durch die Schicksale der Caritas-Klienten deutlich.
Dank eines Teils der gespendeten Summe wurde in den Wohnungen in Grünau bereits tüchtig renoviert. Die Appartements in der Selliner Straße bieten Menschen ein Zuhause, die auf dem hiesigen Wohnungsmarkt keine Chance mehr hatten. Rosi Haegerle, die in ihrer Wohnungsnot Zuflucht in einer Caritas-Wohnung gefunden hat, ist gerührt von der Solidarität der Leipziger. Damit hätte sie nicht gerechnet, sagt die 53-Jährige. Mit den Spenden konnte ihr WG-Zimmer renoviert werden, die Flurwände wurden neu tapeziert, Wände in der Küche und im Gemeinschaftsraum der Zweier-Wohngemeinschaft wurden gestrichen. Besonders ins Auge fällt der neue Boden: PVC in Dielenoptik. Haegerle, die ihren richtigen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, fühlt sich nun wohl in ihrem Zimmer. Dank Sachspenden steht im Raum eine grüne Couchgarnitur und ein massiver Tisch. „Bald bekomme ich ein schönes Bett aus Metall, wie ich es mir gewünscht habe“, sagt die 53-Jährige mit leuchtenden Augen. Kerzen verbreiten weihnachtliche Stimmung.
Trotz ihrer Notlage hilft Haegerle anderen. Sie engagiert sich ehrenamtlich im Nachbarschaftsprojekt Dresdner 59 in Reudnitz. Am Heiligen Abend lädt sie gemeinsam mit Freunden ins Projekt zum Mitbring-Abendbrot ein. „Ich werde etliche Klöße formen, eine Freundin macht Gans, ein Bekannter bringt Rotkohl mit.“ Im neuen Jahr will sie, wenn sie denn eine Wohnung findet, umziehen. Die positive Mieterauskunft, die sie von der Caritas bekommt, werde ihr dabei helfen, ist sie sicher. Jeden Tag durchforstet sie das Internet auf der Suche nach passenden Anzeigen.
Viele Bekannte sprachen Haegerle auf den Spendenaufruf und ihre Situation an. Dass sie ihre Situation öffentlich gemacht hat, helfe ihr, sagt die Mutter von vier erwachsenen Kindern. Immer wieder werde sie von Menschen angesprochen, welche Ähnliches erlebt haben – aber aus Scham geschwiegen haben. Was sie noch brauche, wurde auch Edith Perleberg nach der LVZ-Berichterstattung häufig gefragt. Die 71-Jährige wohnt ebenfalls im Plattenbau in Grünau. Eine Frau, die Perleberg helfen wollte, ist sogar im Haus aufgekreuzt, hat Perleberg mitgenommen und ihr Möbel gezeigt, welche sie der Bedürftigen schenken wollte.
Martin Ciupka, Sozialarbeiter der Wohnungsnotfallhilfe, hat aus den zahlreichen Meldungen von LVZ-Lesern eine lange Liste mit potenziellen Sachspenden erstellt. Im neuen Jahr will er die Angebote an die Menschen, denen etwa Bett, Couch oder Küche fehlen, verteilen. Aufgrund der großen Spendenbereitschaft kann der Caritasverband zwei weitere Wohnungen der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) anmieten. Dadurch wird Edith Perleberg im Februar mit ihrem Lebensgefährten und ihrem Hund Lucky aus der engen Einraumwohnung in eine schöne Zweiraumwohnung im selben Haus umziehen. Einen Nachmieter für ihre Einraumwohnung gibt es schon: ein etwa 50 Jahre alter Mann, der seit Monaten bei Bekannten unterkommt, weil er keine Wohnung mehr findet. Bis er einzieht, soll das Appartement renoviert sein. Je nach Bedarf will die Caritas zusätzlich noch eine Wohnung mit zwei oder drei Zimmern anmieten. Denn, da ist sich Strieder sicher: „Das Problem wird sich weiter zuspitzen.“ Daher wollen die Mitarbeiter des katholischen Wohlfahrtsverbandes nun eine Prioritätenliste erstellen und in Ruhe überlegen, wie mit den übrigen Spenden möglichst vielen Menschen, die auf dem Mietmarkt abgehängt sind, geholfen werden kann.
Im Vorjahr kamen durch „Licht im Advent“ mehr als 21.000 Euro für die Diakonie in Gohlis zusammen. Das „Psychosoziale Gemeindezentrum Blickwechsel“ unterstützt dort psychisch kranke Menschen. Im Jahr 2016 spendeten die LVZ-Leser knapp 12.000 Euro für das Haus Lebensweg.
Theresa Held
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 24.12.2018