Entwicklungsplan bis 2025 vorgelegt
(LVZ vom 11.11.2020)
Bibliotheken sind eigentlich Orte der Begegnung. Die sind derzeit allerdings eingeschränkt. Lediglich 20 Minuten lang dürfen sich die Leipziger momentan am Leuschnerplatz aufhalten, um Bücher und andere Medien zu entleihen. Wer kommt, muss sich coronabedingt registrieren lassen. „Bis März 2020 ist es hervorragend gelaufen“, konstatiert Susanne Metz, die Direktorin der Leipziger Städtischen Bibliotheken. Doch dann hat das Virus vielen Vorhaben, etwa 2020 das Leipzig-Zimmer mit vielen Veranstaltungen zu etablieren, einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mittlerweile ist klar, dass höchstens 75 Prozent der Besucher- und Entleihungszahlen im Vergleich zu 2019 erreicht werden.
Dafür ist die Online-Nutzung sprunghaft gestiegen. Bis Oktober gab es bei der Ausleihe von E-Medien ein Plus von 46 419 Entleihungen gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr. „Darauf stellen wir uns natürlich ein. Wobei wir wie alle hoffen, bald zur Normalität zurückkehren zu können“, sagt Metz. „Wir bauen den digitalen Bereich aus, bleiben natürlich eine Bibliothek, in der auch viele Medien in den Regalen stehen.“ Die Leipziger Bibliotheken sind gerade dabei, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Ein Entwicklungskonzept für die nächsten fünf Jahre wird voraussichtlich am Mittwoch im Stadtrat beraten.
„Bibliothek der Dinge“ wird entwickelt
„Uns geht es im Entwicklungskonzept gar nicht um viele Veränderungen – vielmehr um die Schwerpunkte unserer künftigen Arbeit“, betont Metz. Angepackt werde beispielsweise die „Bibliothek der Dinge“. Was heißt, es können künftig Dinge für den Alltag – passend zu entsprechender Ratgeber-Literatur ausgeliehen werden. Beispielsweise Messgeräte, um herauszufinden, wie viel Strom der eigene Kühlschrank verbraucht. Soweit wie in Finnland, wo sich die Leser sogar Skier ausleihen können, werden die Leipziger dabei aber nicht gehen.
„Es geht um Do-it-yourself-Angebote“, erklärt die Bibliothekschefin. Testen will man dies künftig in der Bibliothek Südvorstadt, die vorerst aber erst saniert werden muss. Metz hofft, dass der Baubeschluss mit dem Etat 2021/22 gefasst werden kann.
Geprüft wird auch, ob die Öffnungszeiten noch zeitgemäß sind und zu den Lebensbedingungen der Menschen passen? Dabei sollen auch Modelle wie „Open Library“ ausprobiert werden, kündigt sie an. Was heißt: Mit einem Leseausweis können Benutzer – wahrscheinlich im Alter ab 16 oder 18 Jahre – auch dann in die Bibliothek, wenn keine Mitarbeiter anwesend sind, und sich Medien entleihen. Das läuft in skandinavischen Ländern bestens.
Das Angebot kommt aber nicht ohne Technik, Wachschutz oder Videoüberwachung aus. Dafür könnte die Südvorstadt ebenfalls Pilotprojekt werden. „Die Stadtbibliothek ist als ,Open Library‘ nicht geeignet – sie ist zu groß und zu verwinkelt“, konstatiert die Direktorin. Zunächst werde aber versucht, am Leuschnerplatz die Öffnungszeiten zu erweitern. „Unser großes Ziel ist es, die Stadtteilbibliotheken auch sonnabends zu öffnen“, kündigt Metz an. Wie die 15 Stadtteilzweigstellen sich weiterentwickeln können, wird ebenfalls geprüft. Die Filiale Volkmarsdorf am Torgauer Platz soll perspektivisch ein neues Domizil auf dem Otto-Runki-Platz bekommen – in einem Neubau neben der künftigen Schwimmhalle, der ein „Leuchtturm“ im Netz der städtischen Bibliotheken werden soll.
Ziel ist ebenfalls, die drei Grünauer Filialen im künftigen Bürgerzentrum zu vereinen, um mehr Fläche und Service bieten zu können. Das Projekt wird lange diskutiert, zieht sich aber seit Jahren hin. Weil es mit dem Bürgerzentrum nicht vorangeht. Bis zum neuen Domizil bleiben alle Zweigstellen offen, betont Metz. Falls Lücken entstehen, kann die dann der zweite Bücherbus füllen, den die Stadt kaufen will. Das hat der Stadtrat bereits beschlossen. Das Geld soll im Etat 2021/22 bereitstehen.
Ziel sind weitere Leipzig-Zimmer
„Wenn wir es schaffen, die Standorte auszubauen und noch attraktivere Angebote in Grünau sowie im Leipziger Osten zu machen, sind wir einen großen Schritt weiter“, so Metz. Ziel sei auch, überall offene Häuser zu haben sowie kleine und größere Leipzig-Zimmer zu etablieren. „Wir laden Menschen ein, Ideen einzubringen und Veranstaltungen selbst zu organisieren“, sagt Metz. Auch wenn dies bei den derzeitigen Corona-Einschränkungen ein wenig wie ferne Zukunft klingt.
Mathias Orbeck
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 11.11.2020