Tanzend, singend und voller Energie durch den Kiez: Pure Lebensfreude war am Sonnabend zu erleben, als über 300 Grünauer beim Dreh eines einzigartigen Musikvideos mitwirkten. Das Motto: Zeigt, was ihr könnt. Zeigt, was euch bewegt. Stärkt das Wir-Gefühl der Grünauer. Zeigt Grünau! – LVZ vom 26.09.2016
Klappe, Action: Kameramann Bernhard Russow fährt durch die Alte Salzstraße und hält die pure Lebensfreude rechts und links der Wegstrecke für das Musikvideo fest.
Ohne Schnitt durch Grünau – was für ein buntes Bild entlang der Alten Salzstraße: Zwischen Fröbel-Grundschule und Marktplatz warten Mädchen und Jungen mit Bällen, Springseilen und Reifen, Musiker mit Instrumenten, ein Posaunenchor mit Notenbüchern, dazwischen Karnevalisten in farbenfrohen Kostümen, ein paar Meter weiter Sportler in Wettkampfkleidung. Auch ein Pfarrer im schwarzen Talar ist zu entdecken; schließlich Kinder, die Riesenbuchstaben hochhalten: G R Ü N A U.
Erwartungsvolle Stimmung liegt in der Luft. Gleich soll der Dreh für „Wir sind Grünau“ – ein Projekt des Soziokulturellen Zentrums „Die Villa“ – starten. „Unser Ziel: Vorurteile über das Stadtviertel abbauen und Grünau positiv ins Bild setzen“, sagt „Villa“-Geschäftsführer und Ideengeber Oliver Reiner. „Gedreht wird unser Musikvideo als Lipdub-Film, dabei bewegen die Darsteller ihre Lippen zu einem Song, der im Hintergrund eingespielt wird“, ergänzt Projektleiter Oliver Kobe. „Das Besondere: Alles geschieht mit nur einem Schnitt. Aufpassen, heißt das für die Akteure: Wo ist die Kamera? Wo muss ich hin rennen? Gar nicht so einfach – dafür kann so ein Lipdub-Film voller Energie stecken.“
Schließlich ist es soweit. Kameramann Bernhard Russow sitzt in Position. „Es geht loos“, ruft Regisseur Robert Schröder zum Dreh. „Gebt alles! Euer Film für Grünau!“ „Yeah, yeah, yeah“, ist eine Kinderstimme zu hören, gleich darauf springen drei Tänzer in ihren neonfarbenen Kostümen ins Bild, Mädchen und Jungen kommen mit ihren Laufkugeln und Hoola Hoop-Reifen dazu. Als müsse sie den Auftakt umrahmen „zaubert“ die Freiwillige Feuerwehr Grünau einen Hydrostrahl, beeindruckt ein Feuerschlucker mit einer meterhohen Flamme, bilden Footballspieler eine Gasse, wo lustig verkleidete Grünauer hindurch laufen.
Die Kamera schwenkt zu einer jubelnden Zuschauergruppe – sie wird sich bald über noch mehr bunte Bilder freuen: Bauchtänzerinnen, Zumba-tanzende Kita-Kinder, Square- Dance-Gruppen,Dreirad-fahrer Rüdiger im Clownskostüm, der ökumenische Posaunenchor Grünaus, Fußballer vom Leipzig United FC, Goalballspieler – alle Mitwirkenden lassen sich gar nicht aufzählen. Aber zum Glück gibt es ja den Film.
Den Song zu „Wir sind Grünau“ haben Neo Kaliske, Susann Großmann und der Rapper Padsha geschrieben; jeder seinen Part. „Oh, ist es schön, den alten Weg zu gehen und dich durch neue Augen wiederzusehen …“, singt Neo, läuft die Alte Salzstraße entlang, erinnert sich an das Grünau, wo er zur Schule ging und mit dem Skateboard unterwegs war: „Hello Sunshine zwischen den Blocks … Ich spring auf mein Skateboard und bin fooort.“ Ein Refrain – der ohrwurmverdächtig ist, den Padshah rapmäßig auf seine Weise prägt: „Yeah, Sonne satt in der Platte, heut‘ ist ein guter Tag.“ Auch schlechtere habe der Grünauer dort schon erlebt, aber „jetzt ist das Viertel geputzt wie ein Obstgeschäft. Und die Leute kenn‘ mein‘ Namen in jedem Wohnkomplex.“
Dann ist die Zeit für das tolle Schlussbild gekommen. Die Kamera schwenkt rüber zu den Tänzern vom Kreativzentrum, dreht sich in Richtung Chor: „Hello Sunshine zwischen den Blocks“, stimmt er an und alle fallen in die musikalische Liebeserklärung ein: „Mein Herz schlägt hier in Grünaaauuu“.
Die Premiere von „Wir sind Grünau“ ist am 18. Oktober im Cineplex in Grünau; danach soll das Video auch in den sozialen Netzwerken verbreitet werden.
Ingrid Hildebrandt
I N T E R V I E W : „Grünau erscheint in neuem Licht“
Drei Fragen an … Oliver Kobe, Kulturmanager und Leiter des Projekts „Wir sind Grünau“
Wie kam es von der Idee zum Projekt?
Schritt für Schritt. Zunächst habe ich mir einen Überblick verschafft. Was gibt es für Vereine, Gruppen, Initiativen und Einrichtungen im Stadtteil? Dabei haben mich Uwe Walther vom Grünauer Komm-Haus und das Kulturamt sehr unterstützt.
War es schwer, Mitwirkende zu motivieren?
Bei den meisten bin ich schnell auf Begeisterung gestoßen. Bei anderen musste ich aber kämpfen, damit sie teilnehmen. Dennoch gab es auch Absagen. Nun sind alle Mitwirkenden stolz, dass es geklappt hat und der Film im Kasten ist. Immerhin haben 35 Vereine und über 300 Teilnehmer mitgewirkt. Das Kiez-Musikvideo zeigt Grünau in neuem Licht! Nun freuen sich alle Akteure auf die Premiere im Cineplex. Danach wird „Wir sind Grünau“ auch in den sozialen Netzwerken zu sehen sein.
Worauf haben Sie bei der Wahl der Musiker geachtet?
Es sollten Künstler sein, die einen persönlichen Grünau-Bezug haben, die hier aufgewachsen sind oder noch leben. Wichtig war mir auch, dass diese Musiker ein eigenes Profil, eine eigene Handschrift haben. Es sollten Leipziger sein, die etwas zu erzählen haben und andere Menschen mit ihrer Kunst berühren können.
Interview: Ingrid Hildebrandt
S T A T E M E N T S : „Wir möchten etwas Gutes für unseren Stadtteil tun“
Aussagen von Mitwirkenden
Danielo Kottkamp, Landschaftsgestalter: Ich bin mit meiner Familie beim Film-Dreh dabei, weil wir etwas Gutes für den Stadtteil tun möchten. Wir wohnen seit sechs Jahren in Grünau und fühlen uns alle sehr wohl.
Franziska Klausnitzer, Abiturientin: Ich tanze im Kultur- und Faschingsverein Seebenisch. Wir haben viele Auftritte in Grünau: beim Parkfest, in der „Völkerfreundschaft“, aber auch in verschiedenen Heimen. Natürlich wollten wir auch beim Dreh dabei sein.
Katrin Trunschke, Verwaltungsmitarbeiterin: Ich mache mit, damit Grünau mal in ein gutes Licht gerückt wird. Viele Menschen mit Vorurteilen haben Grünau noch gar nicht richtig erlebt. So viel Grün wie hier gibt es in keinem anderen Stadtteil.
Oliver Reiner, Geschäftsführer: Der Zusammenhalt in Grünau fühlt sich oft besser an als in manch anderem Stadtteil. Wir wollen das Grünau-Image verbessern, denn es ist das Gegenteil vom offiziellen Ruf. Grünau ist wie eine Insel, die erst noch entdeckt werden muss
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 26.09.2016
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„MDR um 4“ – Bericht zum Video-Dreh