Die Freiwillige Feuerwehr Grünau und ihr Leiter Uwe Seidel verhängen beim Nachwuchs Aufnahmestopp
Freiwillige Feuerwehren gibt es in 22 Leipziger Ortsteilen. In ihnen engagieren sich knapp 700 ehrenamtliche Kameradinnen und Kameraden und leisten große Dienste bei der täglichen Gefahrenabwehr – sei es bei der Brandbekämpfung, beim Retten von Menschenleben, bei technischer Hilfeleistung oder beim vorbeugenden Brandschutz. Die LVZ stellt die Einheiten in loser Folge vor. Heute: die Freiwillige Feuerwehr Grünau.
Wehrleiter Uwe Seidel und die Kameraden FFW Grünau waren in diesem Jahr bereits knapp 200-Mal im Einsatz.
Er kennt Grünau wie seine Westentasche: Uwe Seidel. Der 39-Jährige wuchs in dem einst – nach Berlin-Marzahn – zweitgrößten Neubaugebiet der DDR auf und ging hier auch zur Schule. Er erlebte als achtjähriger Junge, wie 1986 anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Grundsteinlegung der Plattenbausiedlung das Gerätehaus in der Garskestraße/Ecke Lützner Straße gebaut wurde. Das Gebäude ist noch heute die Heimstatt der Grünauer Freiwilligen Feuerwehr. Und seit 17 Jahren auch die von Uwe Seidel. Im Jahr 2000 begann an eben diesem Standort die Laufbahn des heutigen Wehrleiters. Eine Funktion, die er 2012 von Michael Rohde übernahm. Doch damit nicht genug: „Ich habe danach mein Hobby zum Beruf gemacht und 2006 bei den Profis der Flughafen-Feuerwehr in Schkeuditz angefangen“, erzählt Seidel. Für ihn gibt’s
keine Unterschiede zwischen dem Airport Leipzig/Halle und der Riesensiedlung Grünau. „Auf dem Flughafen muss ich im 24-Stunden-Schichtdienst ran, in Grünau bin ich in meiner Freizeit rund um die Uhr ein Floriansjünger“, sagt der Wehrleiter.
Und die Verantwortung der ehrenamtlichen Brandbekämpfer für ihr Wohngebiet wird immer größer. So wie die Stadt Leipzig wächst, wächst auch Grünau. Laut dem kommunalen Amt für Statistik und Wahlen hat der Stadtteil inzwischen wieder mehr als 50.000 Einwohner. Zum Stichtag 30. September 2017 waren es exakt 50.777 Menschen. Obwohl die meisten der 33 aktiven Mitglieder der Wehr tagsüber in anderen Berufen tätig sind, garantiert das Team von der Wache Garskestraße den Einsatz von Spezialtechnik fürs Bekämpfen von Gefahrengut – dazu gehören radioaktive, biologische und chemische Substanzen – sowie eines Gerätewagens zum Beseitigen von Ölspuren rund um die Uhr. Dies sei keineswegs selbstverständlich, betont Seidel. „Die Einsatzfreude aller Mitglieder ist beispielhaft. Ob Löschmeister Philipp Heine, Gerätewart Hauptlöschmeister René Krüger oder mein Stellvertreter Brandmeister Jörg Hübner, um nur einige zu nennen: Auf jeden Einzelnen ist jederzeit Verlass.“ Auch den Ehefrauen der aktiven Mitglieder zollt der Chef der Grünauer Wehr seinen größten Respekt: „Ohne deren Verständnis für den zeitaufwendigen Dienst wäre diese Einsatz- und Leistungsbereitschaft undenkbar.“
Jeden zweiten Freitagabend zwischen 18.15 und 20.30 Uhr steht Ausbildung auf dem Plan. Hinzu kommen noch die Stunden, in denen die Geräte und der Fuhrpark gewartet und gepflegt werden müssen. Und dann wären da natürlich noch die zahlreichen Einsätze in den Nachtstunden und am Wochenende, wenn die Kameraden der Pieper alarmiert – immerhin schon 194-mal in diesem Jahr. Zudem ist die Musikalische Komödie in der Dreilindenstraße in Altlindenau in der Hand der Grünauer Feuerwehr. „Zwei Männer von uns sorgen in jeder Vorstellung für die Brandsicherheit“, sagt der Wehrleiter.
Apropos Leiter: Obwohl es in Grünau so viele Hochhäuser wie sonst nirgendwo in Leipzig gibt, fehlt eine Drehleiter im Gerätehaus Garskestraße. „Die nächste verfügbare steht in der Westwache in der Lauchstädter Straße in Plagwitz“, erläutert Seidel. Weitere seien in Böhlitz-Ehrenberg und Engelsdorf stationiert. „Bei Bränden in Hochhäusern greifen wir die Flammen über die Treppenhäuser an. Mit den Schläuchen kommen wir bis ganz nach oben, auch in einen 16-Geschosser“, versichert er. Zudem wäre die Berufsfeuerwehr mit der Drehleiter aus der Westwache ohnehin schnell zur Stelle. „Sie würde dann von außen gegen den Brandherd vorgehen.“
Bei einem anderen Thema haben es Seidel & Co. mit einem Luxusproblem zu tun. Regelmäßige Kurse zur vorbeugenden Brandbekämpfung vor Schulklassen haben dazu geführt, dass der Andrang von Mädchen und Jungen auf die Jugendfeuerwehr so stark zugenommen hat, dass in Grünau ein Aufnahmestopp verhängt werden musste. „Anderswo schlagen sich die Wehren mit Nachwuchssorgen herum, wir hingegen können uns vor Zulauf kaum retten“, berichtet Seidel. Die Kapazitätsgrenze im Gerätehaus für die Jugendabteilung sei längst überschritten.
Für das Einsatz-Team ein beruhigendes Gefühl, dass der Nachwuchs da ist, der eines Tages in seine Fußtapfen tritt. Für die Grünauer Bürger zugleich ein Signal, dass sie in Gefahrensituationen in ihrem Kiez nicht alleine sind. Ja, dass ihnen geholfen wird.
Günther Gießler
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 17.11.2017