Ortschaftsrat Miltitz wendet sich gegen S-Bahn-Verlängerung nach Markranstädt – LVZ vom 06.10.2017
Das meiste war schnell abgehandelt bei der Sitzung des Miltitzer Ortschaftsrates am Mittwochabend. So gab es zum Bebauungsplan Nr. 232 „Erholungsgebiet Kulkwitzer See“ nur eine kurze Debatte. „Wir freuen uns, dass die Planung abgeschlossen ist und nun jeder Investor sehen kann, was auf der Leipziger Seite möglich ist und was nicht“, fasste Ortsvorsteher Heinz Walther (70) das Ergebnis zusammen. Freilich habe das alles viel zu lange gedauert. Ein erster Entwurf des B-Plans war schon vor zwölf Jahren öffentlich ausgelegt worden.
Ähnlich der Überwachungsstation der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) sollen künftig auch in anderen Uferbereichen Servicestationen erlaubt werden, die der Seenutzung dienen – etwa Bootsverleihern, Tauchern, Imbiss oder Toiletten.
Auf der Seeseite Markranstädts sei die Zeit besser genutzt worden, um attraktive Angebote für Tourismus und Erholung zu schaffen, meinte Walther. „Miltitz ist von den Planungen aber nicht so stark betroffen. Deshalb begrüßen wir es, wenn nun endlich Klarheit zur Zukunft herrscht.“
Gemäß des Hunderte Seiten starken Papiers soll das 68,5 Hektar große „Erholungsgebiet Kulkwitzer See“ schrittweise zwölf Sondergebiete erhalten, die 17,9 Hektar umfassen. Der Rest bleibt Grünflächen und Strände (44,4 Hektar), Straßen und Parkplätze (4,9 Hektar) oder Gewässer (Weiher und Zschampert mit 1,3 Hektar). In den Sondergebieten will die Stadt längst bestehende Nutzungen wie Campingplatz, Wasserskianlage und Restaurantschiff nicht verändern, aber Möglichkeiten zur Erweiterung anbieten.
Festwiese am Rodelberg und Uferschutz für schmale Bucht
So darf nahe der Lützner Straße im Norden ein kleines, zweigeschossiges Hotel auf 600 Quadratmetern Grundfläche entstehen. Auf dem Gelände der früheren Schweineställe wird ein 1,5 Hektar großes Ferienhausgebiet erlaubt. Südlich des Rodelbergs wird eine Festwiese ertüchtigt. Der Campingplatz sowie das „Lausener Wochenendhausgebiet“ im Süden dürfen etwas vergrößert werden. An vielen Stellen sind wassertouristische, Sport-, Freizeit- oder Gastronomie-Angebote zulässig. Um den Fußweg von der Straßenbahnwendeschleife am Ende der Ratzelstraße bis zum See zu führen, hat die Stadt bereits einen Grundstückstausch abgewickelt. Von dem 4,7 Kilometer langen Ufer auf Leipziger Seite sollen 1,4 Kilometer zu drei Privatstränden werden, an denen die Betreiber von Wasserskianlage, Campingplatz und Restaurantschiff das Sagen haben, aber auch die Unterhaltungskosten tragen. Der Rundweg um den See bleibe erhalten. An der langen schmalen Bucht ist eine öffentliche Grünfläche mit Zweckbestimmung „Uferschutz“ vorgesehen – das soll Unfällen sowie einer Übernutzung vorbeugen.
Gegen alles das gab es im Ortschaftsrat Miltitz keine Einwände. Im Gegenteil wurde die Hoffnung laut, dass nach dem – bislang für den 18. Oktober angesetzten – Satzungsbeschluss im Stadtrat zügig die beiden Spielplätze im Erholungsgebiet erneuert oder zumindest repariert werden. Gar nicht einverstanden zeigte sich das Gremium jedoch mit einem Punkt: Sowohl in dem Bebauungsplan-Entwurf als auch im neuen „Integrierten Stadtentwicklungskonzept Leipzig 2030“, das gleich im Anschluss behandelt wurde, wird eine „in Teilbereichen unbestimmte Trassenlage“ (so steht das dort wörtlich) zur Verlängerung der S-Bahn von Grünau nach Markranstädt freigehalten. „Solche Ideen gibt es schon seit den Siebzigerjahren – als Grünau gebaut wurde. Inzwischen ist das nur noch Unfug und behindert die Entwicklung“, meinte Ortsvorsteher Walther, der die Sitzung mit Gipshand leitete, weil er sich erst letzte Woche den Mittelhandknochen gebrochen hatte.
Keine Lust auf Sackgassendorf und Tunnel unterm Friedhof
Auf einem Teil der eventuellen Trasse sei längst Wald gewachsen. „Sie müsste in jedem Fall das Feuchtgebiet des Zschampert durchqueren, auch die Bundesstraße 87 kreuzen. Miltitz würde damit zum Sackgassendorf“, schimpfte Walther. Vor allem führe diese „in Teilbereichen unbestimmte Trassenlage“ mitten durch den Miltitzer Friedhof, planiere auch mehr als ein halbes Dutzend Häuser, die am Ortsausgang Richtung Markranstädt stehen. „Soll hier im Ernst ein S-Bahn-Tunnel unter unserem Friedhof gegraben werden? Darauf hat hier niemand Lust.“
Die anderen Mitglieder des Ortschaftsrates sahen das ganz genau so. Mit Änderungsanträgen wollen sie nun erreichen, dass die auch im Flächennutzungsplan stehende Vorhaltetrasse gestrichen wird.
Jens Rometsch
Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 06.10.2017