„Stadt will Jugendtreffs abgeben“

Sechs kommunale Einrichtungen sollen in Regie Freier Träger – doch Widerstand in Fraktionen ist groß
LVZ-Bericht vom 13.05.2014

Von „Oskar“ in der Gabelsbergerstraße (Neustadt-Neuschöne-feld) bis zum „Crazy“, Zum Wäldchen 6 (Paunsdorf) – die Stadt Leipzig betreibt zwei Jugendkulturzentren sowie vier offene Treffs in Eigenregie. Doch das kann sich bald ändern. Das Jugenddezernat plant, diese an Freie Träger abzugeben. Darüber wurden kürzlich der Jugendhilfeausschuss sowie 20 betroffene Mitarbeiter, die nun verunsichert sind und um ihre Jobs bangen, informiert. Auch die Jugendkulturwerkstatt Jojo in Reudnitz-Thonberg, die offenen Treffs „Am Mühlholz“ in Connewitz, „Völkerfreundschaft“ in Grünau sowie „Rabet“ in Neustadt-Neuschönefeld sollen an freie Betreiber abgegeben werden. Eine konkrete Entscheidungsgrundlage für den Stadtrat gibt es allerdings noch nicht. Doch in den Fraktionen regt sich bereits heftiger Widerstand gegen die Pläne von Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD).
„Die Stadt darf ihren Steuerungseinfluss nicht leichtfertig aus der Hand geben“, warnt SPD-Stadtrat Tino Bucksch. „Trägervielfalt bedeutet aus unserer Sicht, dass auch der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, die Stadt Leipzig, Angebote vorhält“, ergänzt Juliane Nagel (Linke). Sie verweist auf einen Ratsbeschluss aus dem Jahr 2000, der das so festlegt, damit Kinder und Jugendliche wählen können, in welche Klubs sie gehen. Kritisch werden die Pläne von den Grünen gesehen: „Wir schätzen die Freien Träger außerordentlich, aber wir übersehen nicht, dass die Stadt jährlich die Gürtel für sie und gegen unseren Willen enger schnürt. Die städtischen offenen Treffs sind somit aktuell gefährdet“, betont Annette Körner (Grüne). Das sieht Karsten Albrecht (CDU) anders: „Prinzipiell halte ich es immer für richtig, über neue Varianten und Ideen nachzudenken.“ Er bezeichnet die derzeitigen Strukturen in der Jugendhilfe als „festgefahren“ und fordert genau hinzuschauen, ob das Geld auch in So- zialräumen ankommt, in denen eine besondere Hilfe für Kinder und Jugendliche notwendig ist. „Auch neue, innovative Projekte müssen eine Chance bekommen.“
Die Grünen fordern derweil, statt Trägerschaften infrage zu stellen, lieber die Bedingungen für die Jugendhilfe zu verbessern. „Während die kommunalen Einrichtungen über durchschnittlich vier Fachkräfte verfügen, sind es in den Einrichtungen freier Trägerschaft nicht einmal zwei volle Stellen. Dabei ist die Arbeit in den Einrichtungen absolut vergleichbar“, sagt Michael Schmidt, der familienpolitische Sprecher. Er verweist drauf, dass die Sozialarbeiter bei vielen Problemlagen helfen.
Für die Linken stehen Bindungen zwischen Jugendlichen und Sozialpädagogen, fachliche Strukturen und Netzwerke in den Stadtteilen auf dem Spiel. Mit einem Antrag an den Stadtrat wollen sie erreichen, dass die sechs Einrichtungen kommunal bleiben. „Sie brauchen Klarheit und eine sichere Perspektive“, so Rüdiger Ulrich (Linke), der Vizechef des Jugendhilfeausschusses.

Mathias Orbeck

Quelle: Leipziger Volkszeitung vom 13.05.2014