„Um einen Kopf kleiner gemacht“

Erstmals werden in Grünau umgestaltete Plattenbauten eingeweiht, denen mehrere Etagen genommen wurden – Artikel der Leipziger Volkszeitung vom 16.12.2008:

In der Grünauer Uranusstraße hat die Wohnungsbau-Genossenschaft Kontakt zwei umgestaltete Plattenbauten eingeweiht, bei denen die oberen Etagen abgetragen wurden. Damit hat die Genossenschaft in dem durch Abriss und Leerstand gebeutelten Viertel einen neuen Weg beschritten. Statt die tristen und schwer zu vermietenden Blöcke abzureißen, entschied sich der Vorstand, den Sechsgeschossern die obersten zwei, teilweise sogar drei Etagen zu nehmen, um so die Wohnqualität zu verbessern. In den DDR-Häusern ohne Aufzüge ist es besonders schwer, die oberen Stockwerke zu vermieten.
?Als wir 2003 die erste Umfrage unter Grünauern gemacht haben, dachten wir, die meisten würden uns sagen, dass sie wegziehen wollen aus dieser Gegend. Aber das Gegenteil war der Fall. Daher haben wir lange überlegt, was wir alternativ zum Abriss tun könnten?, sagte Kontakt-Vorstand Rainer Löhnert, der gestern mit zittriger Hand das Sektglas im Beisein von Sachsens Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) auf den fertigen Umbau erhob. Für die Genossenschaft, die in Grünau 3660 Wohnungen und insgesamt in Leipzig etwa 15 000 besitzt, ist es eine der größten Investitionen der vergangenen Jahre. Reichlich drei Millionen Euro habe man investiert, wobei das Abtragen der Etagen mit 240 000 Euro zu Buche schlägt. Die Wohnungsgenossenschaft finanziert die Umgestaltung jeweils zur Hälfte mit Eigenmitteln und Bankdarlehen. ?Wir haben so einen Versuch noch nie unternommen und hoffen, dass er dazu beiträgt, Grünau aufzuwerten?, so Löhnert.
Von den einst 100 Wohnungen sind noch 58 übrig, die alle vermietet oder bereits reserviert sind. Sie heißen Terrassenhäuser, weil einige Wohnungen ganz oben über Terrassen mit knapp 70 Quadratmeter verfügen. Zudem sind die Grundrisse verändert und Appartements vergrößert wurden. Der Mietpreis stieg dadurch von 3,10 Euro auf bis zu 6,40 Euro. Dafür will die WG Kontakt durch bessere Dämmung und Holzpelletes-Heizanlagen die Betriebskosten halbieren. Im kommenden Jahr sollen nach diesem beispiel drei weitere Blöcke auf der Uranusstraße verändert werden.
Ein ähnliches Projekt wurde vor wenigen Jahren mit der Kräutersiedlung in Dresden-Gorbitz umgesetzt. Damals reisten Architekten aus ganz Deutschland an, um sich über die Art des Stadtumbaus zu informieren. Zwei der geplanten vier Bauabschnitte konnten jedoch aus finanziellen Gründen nicht umgesetzt werden. Auch Klaus Hochtritt, bei der Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB) zuständig für Wohnungswirtschaft, ist skeptisch, ob das Abtragen von Etagen eine Vision für ganz Grünau sein kann. ?Es ist eine sehr teure Maßnahme. Für uns ist das keine Option.? Ein Hingucker sind die gelb-orange-roten Bauten im grau-braunen-Häusermeer ringsum jedoch allemal. Skadi Hofmann

Quelle (Text + Foto): Leipziger Volkszeitung vom 16.12.2008